Wanderung Lapplandsleden

Hier an der Hauswand ist es sommerlich warm, so ein Wetter – Kaiserwetter! Passend dazu Limo, geräucherte Makrelen und Weissbrot, lecker! Zu uns gesellen sich einige junge Schweden mit schwerem Wandergepäck, Hund und noch unverstauten Utensilien. Offensichtlich haben sie das gleiche Ziel, den Lapplandsleden! Wir schauen etwas erstaunt auf ihr Schuhwerk und die schlecht gepackten Rucksäcke. Naja, ob leichte Trekkingschuhe auf dieser Tour die richtige Wahl sind? God tur! Wünschen wir ihnen.

Nicht ganz so euphorisch, aber sehr gut vorbereitet und mit dem nötigen Respekt sind wir vor genau 10 Tagen in Hemavan 194 km von Borgafjäll entfernt gestartet. Das Wetter war alles andere als einladend. Die Wolken lagen grau und schwer über dem breiten Tal des Umeälven. Der Spätmittag verlangt eine wärmende Jacke. Nach  dreitägiger Zugfahrt stand uns aber der Sinn nach Bewegung, etwas „Warmlaufen“ und dann in der Einsamkeit einen Übernachtungsplatz suchen.

Das noch ungewohnte Gehen mit 16 bzw. 24 kg Gepäck klappt ganz gut und so kommen wir auf moorigem, weichem und etwas matschigem Untergrund schnell voran. Wir fühlen uns gleich wieder sehr wohl im schwedischen Wald. Nach ca. 6 km entscheiden wir uns für ein weiches lauschiges Plätzchen mit Seezugang, umrahmt von Heidelbeersträuchern, geduckten, knorrigen Birken, Multebeeren, tollen Flechten und Moos soweit das Auge reicht.

Es wird nachts kaum dunkel und so kann man gegen 2 Uhr noch gut die Umrisse der Berglandschaft erkennen. 

Der nächste Tag zeigt sich von der freundlichen Seite und so können wir ohne Jacke unsere Tour beginnen. Eine leichte Anspannung ist bei uns beiden spürbar. Wir sind uns beide bewusst, dass der Lapplandsleden eher zu den anspruchsvolleren Weitwandertouren gehört, gibt es doch unterwegs keine Möglichkeiten, sich in Hütten mit Essen einzudecken. Außerdem wurde er bisher nicht oft begangen. Der Weg ist kaum sichtbar und in guten Abständen mit orangener Farbe markiert. Das erfordert wiederum Konzentration, denn einmal nicht aufgepasst, hat man den „Faden“ verloren. Aber wir sind kartenmäßig und konditionell gut vorbereitet.

Herrliche Farne und in allen erdenklichen Farben leuchtende Flechten. Immer wieder plätschert ein Bächlein und diese magische Stille – sie nimmt einen einfach gefangen. Man verspürt kein Bedürfnis zu reden.

Ein ständiges Auf und Ab, sprichwörtlich über Stock und Stein führt uns der leicht ausgetrampelte Pfad und es dauert Stunden, bis wir auf ein Paar treffen, welches nur mit leichtem Tagesgepäck auf der Suche nach reifen Hjortron (Multebeeren) sind. Bisher sahen wir nur rote, also unreife. Erst wenn sie zartorange leuchten, überraschen sie mit einem erfrischenden herbsüßlichen Geschmack. Ganz hervorragend schmecken sie zu warmen Vafflor mit Grädde (warme Waffeln mit Sahne). Ein Gedicht! Diese Beeren sind typisch für die nordische Fjälllandschaft. Sie zählen Dank ihres hohen Vitamingehaltes als Superfood.

Nach einer kurzen Unterhaltung machen wir uns weiter an den mühsamen Aufstieg über den nächsten der unzähligen Hügel. Den aufmuntenden Kaffee auf dem Seinesfjället bei herrlichem Sonnenschein und toller Aussicht auf das vergletscherte Okstindanmassiv in Norwegen, haben wir uns mehr als verdient. 

Längst haben wir uns an die Last des Rucksacks gewöhnt und kommen auch mit dem manchmal  ruppigen Pfad über Wurzeln und Steinblöcke gut zurecht. Selbst das Gehen auf den schmalen Planken klappt hervorragend. Sie wurden zum Schutz der Moore ausgelegt, was eine Heidenarbeit bedeutet.

Nach 18 km entscheiden wir uns für einen wunderbaren Übernachtungsplatz auf weichem Moos an einem fließenden Gewässer.

Nordschweden bedeutet wechselhaftes Wetter, und so sind wir nicht überrascht, dass heute wohl die Regenhose das bevorzugte Beinkleid sein wird und auch mit dem Anorak sind wir gut beraten. Das Zelt ist natürlich jetzt auch schwerer! Vor uns liegen wieder ca. 20 km. Ziel heute: Die Atostugan.

Obwohl es nur leicht nieselt, sind wir schnell nass. Unsere gut imprägnierte Regenkleidung bewährt sich und auch eine Regenhülle für die Rucksäcke ist zwingend erforderlich. Wir hören nur unseren eigenen Atem, sind beide in unserem Flow, als urplötzlich im Nieselregennebel eine schier komplett eingehüllte männliche Person auftaucht, die uns überholt. Ein Deutscher! Wir kommen ins Gespräch und freuen uns über die Abwechslung und den Erfahrungsaustausch. Wir gehen ein paar Kilometer miteinander, allerdings legt er ein gutes Tempo vor, und so lassen wir ihn ziehen. Die Wolken scheinen sich wohl so schnell nicht zu verziehen und so beschließen wir, ohne Pause zunächst weiter zu gehen. Langsam geht es bergab, das Buschwerk wird dichter, der Weg, der kaum seinen Namen verdient, muss mühsam gesucht werden, wird matschiger und bodenloser, die Hosen und insbesondere die Schuhe werden spürbar nässer. Die Grautöne überwiegen, sodass man kaum den Skälvattnet erkennen kann, der mit einer besonderen Herausforderung auf uns wartet und noch jede Menge Kraft kosten wird. Aber zunächst sind wir froh, es bis dahin relativ zügig geschafft zu haben. Die Markierungen führen uns gut zum Ufer, wo schon das Ruderboot, samt Kiste mit tadellosen Schwimmwesten auf uns wartet. Wie wir befürchtet haben, liegt nur ein Ruderboot hier, will heißen, wir müssen wohl auf alle Fälle die Strecke dreimal rudern, denn ein Ruderboot muss auf jeden Fall für die nächsten Wanderer am Ufer bereitliegen. Der Wasserstand ist so  niedrig, dass ich meine Füße und Beine wohl oder übel frei machen und ins kalte Nass muss. Na prima! Die Strecke von 800 m zieht sich. Und so bleibt uns nichts anderes übrig, als das zweite Boot zu schnappen und das Ganze zu wiederholen. Leider wird der Wind stärker und so wird Andreas´ Armmuskulatur mächtig in  Anspruch genommen. Nach 2,4 km rudern haben wir uns eine Pause verdient. Meine Füße kann ich schon nicht mehr spüren.

Frisch gestärkt geht es dann über Holzplanken, über Bäche hüpfend, über Stock und Stein Richtung Joesjö. Joesjö ist eine kleine Feriensiedlung. Ein kleiner Lichtblick soll in 4 km Entfernung Boxfjäll sein, wo es einen kleinen Laden und eine Toilette gibt.

Mit zwei großen Tafeln Marabou im Gepäck folgt eine anstrengende letzte Etappe auf einer Asphaltstraße zur Atostugan. Da wieder starker Regen einsetzt, beeilen wir uns mit dem Zeltaufbau, praktischerweise direkt am Fluss. Nass und müde, ich würde fast sagen erschöpft, finden wir gleich Schlaf. 

Es gibt Tage, da ist man abends schlauer als am Morgen. Dieser Tag gehört zweifelsfrei dazu. Es regnet, nicht fest, aber immerhin. Sicht: nicht gut. Der samische, hochverehrte Atoklimpen mit seinen 1008 m Höhe sollte ein spektakuläres Bild abgeben. Fehlanzeige! Wir machen uns an den Aufstieg auf das Gahpsjohke Fjäll, knapp 1000 m hoch. Die Sicht wird schlechter, konzentriert orientiert man sich nur noch auf die orange markierten Steine oder Felsblöcke, die vielen unterschiedlichen Flechten können ihre Farbkraft nicht entfalten und uns nicht aufmuntern. Die Handschuhe sind mittlerweile nass und kalt, die Hände steif, trotzdem sammle ich ein paar Rentiergeweihe ein. Gegen Mittag wird der Wind zum Sturm, ein Weiterwandern ist kaum mehr möglich. So entscheiden wir uns für den Zeltaufbau. Vielleicht wäre eine Nacht länger in Atostugan doch keine so schlechte Idee gewesen!

Die Nacht war ganz schön laut. Der Sturm hat sich ordentlich an der Zeltwand ausgetobt. Auch der nächste Morgen ist noch ziemlich ungemütlich. Das Zähneputzen und die Katzenwäsche werden zu einer Herausforderung. Kalt ist es geworden, geschätzte 4 Grad plus. Die Kälte kriecht in jeden Winkel des Körpers, die klatschnassen Schuhe laden nicht gerade zum Loslaufen ein. Der See 962 bleibt uns bestimmt in Erinnerung. Kurze Zeit später erreichen wir die Schutzhütte Deavna, vielleicht hätten wir doch gestern noch ein Stück weitergehen sollen. Keiner spricht es aus, aber jeder denkt es sich! Wohl wissend, dass heute noch ganz andere Herausforderungen auf uns warten, halten wir uns nicht an solchen Gedanken fest. Ausgiebig haben wir die heutige Tour gestern besprochen.

Drei Flussdurchquerungen stehen heute auf dem Programm und sind bei diesen Regenmassen gestern eine große Herausforderung. Mulmig ist uns dann doch bei dem Anblick dieses breiten Flusses, der vor uns auftaucht, locker 50 Meter! Die Sonne, die vorsichtig durch die Wolken spickselt, will uns wohl Mut machen. Wir lassen unsere Lederwanderschuhe gleich an, Hosen hochgekrempelt, Rucksackschnallen auf und mit vollster Konzentration zügig durch die Strömung. Adrenalin pur! Schuhe ausschütten und weiter geht´s. Wir steigen noch einige Höhenmeter auf, vorbei am Tjalhtejaevrie See auf 740 m. Nach dem kurzen Abstieg wartet der nächste Fluss mit neuen Herausforderungen auf uns, kürzer, aber dafür tiefer! Eigentlich ist die Entfernung nach Arevattnet überschaubar, aber da die Bäche alle Hochwasser führen, kommt noch eine ungeplante tiefe Bachüberquerung dazu! Langsam sind wir müde, hungrig und das Wasser knatscht in unseren Schuhen. Was für ein Lichtblick, als wir endlich das Leuchten der roten Arevattnetstugan zwischen dem schulterhohen Gestrüpp erblicken. Die Hütte ist sauber und gepflegt, Ofen angeheizt, Socken und Zelt werden getrocknet, eine Tasse heißen Tees weckt die Lebensgeister. Herrlich! 

Wir wandern noch 5 km weiter ans andere Ende des Arevattnet und bauen unser Zelt direkt am Ufer auf. Umrahmt von geduckten Birken, kaum 2 m hoch, tollen Moosen, die das dahinter liegende Moor mit dem typischen Wollgras zu schützen scheinen. Mystisch liegt der grauschimmernde glasklare See uns zu Füßen, ein Bad wäre eigentlich ein Muss! Der große Zeh misst aber beim ersten Wasserkontakt bereits schon Alarmstufe rot. Sicher liegt es am dominant geerbten Warmwasserduscher-Gen. Unsere schwedische Wanderbekanntschaft Emma nimmt hier gleich ein Vollbad!

Ein erdiger, kalter Duft liegt in der Luft. Leichter, zarter Nebel liegt über dem See. Was für eine herrliche Ruhe. Eigentlich müsste man hier seinen Urlaub oder wenigstens ein paar Tage verbringen. Wir sind heute schon sehr früh auf den Beinen. Jeder Tag eine anstrengende und herausfordernde Etappe. Wir sind überrascht, können wir doch auch heute wieder ohne Schmerzen, Blessuren oder sonstige Einschränkungen losmarschieren. Dieser heutige Abschnitt  gilt laut schwedischem Wanderführer als der anstrengendste. Es geht zum höchsten Punkt der Tour auf 1178 m Höhe. Da hier natürlich auch kein gewöhnlicher Weg hinauf führt, geht es unrhythmisch über Stein und Fels, durch Gestrüpp und über kleinere Wasserfälle.

Bei Frost sicher ein nicht ungefährliches Unterfangen. Das Wetter passt und endlich können wir die Aussicht genießen. Die norwegische Grenze ist sprichwörtlich nur ein Steinwurf entfernt. Von unten sah die Aamere wie ein riesiger Elefantenrücken aus. Vermeintlich oben angekommen, offenbaren sich noch mehrere Abstiege und Aufstiege. Dazwischen aufgelockert durch winzige Seen, tolle Felsformationen und einen sagenhaften Weitblick nach Norwegen. Auch der Tiefblick zum Skalvattnet, der hellblau schimmert, begeistert uns. Trotzdem sind wir doch nach Stunden erleichtert, endlich ein Wanderschild mit dem Hinweis zum Abstieg nach Gränssjö, unserem Etappenziel zu entdecken. Bei herrlich warmem Sonnenschein konzentrieren wir uns auf den aufgeweichten, schmalen, steilen und struppigen Abstieg. Die letzten 9 km sind noch einmal sehr belastend für unsere geschundenen Knochen. Der Lapplandsleden führt direkt an der Landstraße bis zur kleinen Ortschaft Gränssjö entlang. Dort warten ein Campingplatz mit sauberen Sanitäranlagen und – nach einer Woche – einer verdienten heißen Dusche und einer gemütlichen Küche auf uns. 

Das Bimmeln der Schafsglocken auf der benachbarten Wiese weckt uns. Tiefblauer Himmel und los geht´s. Auf einem ungewöhnlich breiten Pfad, mit hin und wieder tiefen moorschwarzen Quadspuren, geht es sanft ansteigend auf das Östra Vardofjället.  Immer wieder müssen wir größere Moorflächen durch- oder überqueren. Kaum haben wir die Höhe des Vardofjället erreicht, treffen wir wieder auf größere und kleinere Rentierherden und sogar zwei weiße Jungtiere. Sie sind selten, aber es sind keine Albinos. Toll sehen sie aus. Es ist schwierig, sie ins rechte Bild zu setzen und ein gutes Foto von ihnen zu machen, da sie hier im Fjäll unheimlich scheu sind.

Wir staunen nicht schlecht über die Fülle an reifen Blau- und Multebeeren. Hätten wir Gefäße dabei, wir könnten hier die herrlichste Marmelade fabrizieren!

Gelegentlich zeigt sich auch der Fjällenzian.

Auch die Heide wird demnächst ihre ganze Blütenpracht entfalten. Das muss ein grandioses Farbspektakel sein! Und immer diese unglaubliche Ruhe, diese Stille! Und wieder dieser herrliche Weitblick!

Der Weg führt uns gemächlich abwärts durch einen wunderschönen Birkenwald, vorbei an einem herrlichen Bachlauf, der uns zur Kaffeepause einlädt. Wir genießen den herrlichen Sonnenschein. Nach wenigen Kilometern erreichen wir einen 4 km langen von Hand gegrabenen alten norwegischen Handelsweg. Er wird uns nach Vardofjäll führen, ein altes noch bewohntes Gehöft. So ein gepflegter stattlicher Hof überrascht. Er wird von einem älteren Ehepaar bewirtschaftet. Mitten in der Einöde, 15 Kilometer von der nächsten Straße und 70 Kilometer vom nächsten Laden entfernt. Mit ein paar Pferden, einem Hund und Rentieren leben sie hier sehr bescheiden, aber sicher zufrieden.

Die kommenden 8 Kilometer ziehen sich schier endlos durch einen weniger ansehnlichen dunklen Wald mit kniehohem Gestrüpp, hoch und runter, sehr ermüdend und langweilig. Wir sind froh, wenigstens am frühen Abend die Åtnikstugan erreicht zu haben. Sie liegt etwas ungemütlich am Waldrand, ohne Aussicht, und die Trinkwasserquelle ist weit entfernt. So beschließen wir, ein schönes Plätzchen in der Abendsonne zu suchen und werden nach einem Kilometer fündig.

Heute werden wir bei wunderschönem Wetter Richtung Remdalen wandern, eine alte verlassene samische Siedlung, die noch in sehr gutem Zustand für die Nachwelt erhalten ist. Ein neues Vorhängeschloss lässt auf eine erneute Nutzung schließen. Traumhaft liegt die Siedlung in einem lichten Birkenwald mit einem riesigen Moosteppich in saftigem Grün. Auf dieser Strecke begegnen uns doch tatsächlich mehrere junge Wanderer. Auffallend, die meisten Wanderer, die wir auf dem Lapplandsleden treffen und davon waren es elf, wandern von Süd nach Nord. Es ist eine relativ einfache Etappe, wenig Höhenunterschiede, der Wettergott ist uns hold und so kommen wir gut vorwärts. Vorbei an der Tjåkkelestugorna, die wir aber rechts liegen lassen. Wir suchen uns lieber ein nettes einsames Zeltplätzchen mit fließendem Wasser. Zeltplätze gibt es viele, manchmal fällt die Entscheidung schwer. Der Untergrund sollte eben und nicht zu steinig oder gar sumpfig sein, nicht direkt am Wanderpfad liegen und das Allerwichtigste, das fließende Gewässer, was auch gut und sicher zu erreichen sollte. Wir hatten nie Probleme, auch heute nicht!

Mehrere Rentierherden durchquerten „unseren“ Fluss im Laufe des ganzen Abends und gleich am nächsten Morgen im diffusen Nebellicht noch einmal. Ein tolles Schauspiel. Auch diese Etappe ist unspektakulär und fast schon entspannt. Mal auf und mal ab, der Pfad wird immer wieder etwas breiter, es wird immer nebliger, so dass der eigentlich tolle Blick auf den Durrenpiken uns leider verwehrt bleibt. Wir erreichen die Schutzhütte Durrenstugan und werden hier eine ausgiebige Pause mit einem Kaffeele machen. Es gibt sogar hier ein nagelneues Plumpsklo. Vorbei an etlichen Blaubeersträuchern mit zuckersüßen Beeren werden wir heute noch nach Klimpfjäll weiter ziehen. Ich freu mich schon jetzt auf eine herrliche Dusche und die Nacht im Hotel.

Für den heutigen Tag sind Dauerregen und sogar Gewitter gemeldet. Momentan sieht es ganz passabel aus. Nach einem ausgiebigen Frühstück mit allem, was das Herz begehrt und noch mehr, entschließen wir uns zum Aufbruch, alles andere wäre auch untypisch für uns. Immer das Positive aus dem Wetterbericht interpretieren! Die beiden letzten Tage sollen landschaftlich außerordentlich reizvoll sein, mit einer tollen Seenlandschaft. Die ersten Kilometer müssen wir leider Gottes an der Landstraße entlang. Auch dort werden wir von einer Passantin auf die schlechte Wetterprognose angesprochen. Vielleicht hätten wir doch besser auf die guten Ratschläge gehört! In der Tat gehen wir schon kurz nach der Abzweigung unseres Wanderweges im strömenden Regen. Leicht ansteigend und auf gutem, ausgetretenem Pfad geht es hinauf, vorbei an etlichen kleinen Seen und Moorgebieten zur wunderschön liegenden Slipsikstugan.

Die Sonne hat nun sogar die Wolkendecke durchbrochen und wärmt angenehm. Die ausgiebige Pause tut gut. Wir kommen ins Gespräch mit Emma, die wir immer wieder auf dem Lapplandsleden getroffen haben und mit der wir uns immer nett unterhalten haben. Aber heute werden unsere Wege sich endgültig trennen. Wir kommen eigentlich gut voran, obwohl wir anfangs den falschen Pfad eingeschlagen haben. Wir können den Blick auf die Seenlandschaft nur ganz kurz wahrnehmen.  Aber darauf nimmt das aufziehende Gewitter wenige Rücksicht. Trotz beschleunigtem Schritt, was in diesem schwierigen Gelände eine Herausforderung ist, kommt dieses Unwetter mit heftigem Wind, Starkregen und dem schweren Gewitter mit unbarmherziger Wucht. Immer wieder suchen wir Schutz in einer Kuhle und harren in geduckter Haltung aus. Die Sicht ist unglaublich schlecht. Die Schutzhütte in 200 m Entfernung ist nicht sichtbar und bei diesem Gewitter unmöglich zu erreichen. Warum haben wir die Warnungen nicht ernst genommen?! Gewitter in Nordschweden ist absolut selten, aber wenn es kommt…. Allen Mut zusammennehmend stolpern wir zur Schutzhütte und verbringen dort die kommende Nacht, nass bis auf die Haut! Und um eine Erfahrung reicher.

Lieber Lapplandsleden, abschließend möchte ich dir nur noch mitteilen, daß es mir echt leid tut, dich auf den beiden letzten Etappen nicht genug gewürdigt zu haben. Jetzt, wo wir wieder daheim in Oberschwaben sitzen, denken wir ganz häufig genau an diese beiden Tage zurück, die nicht unterschiedlicher hätten sein können. Das heftige Gewitter mit Unwettercharakter, wo wir völlig durchnässt, erschöpft und voller Angst dem Naturereignis getrotzt haben und die Nacht in der Schutzhütte. Wir konnten dich am nächsten Tag kaum würdigen, weil du uns unsere volle Konzentration abverlangt hast. Du warst plötzlich nicht mehr ausreichend markiert, deine holprigen und bemoosten Steine haben uns öfter abrutschen lassen und dann Wasser von oben und unten. Es war einfach zu viel des Guten, auch deine Bäche, die du in reißende Flüsse anwachsen ließest und die wir durchwaten mussten. Kurzum hast du uns gefühlt alles abverlangt. Wir werden diesen Abschnitt nicht vergessen, und doch bleibt er positiv in Erinnerung, denn du hast hier zum Schluss alles an Schönheit noch einmal aufgeboten an herrlichen Moosen, Beeren in Hülle und Fülle und uns noch ziemlich viele Rentiere vorbei geschickt.

Wir waren froh, endlich die ersten Dächer von Borgafjäll zu erblicken.

Und so schließt sich der Kreis. Eine heiße Dusche, samt trockenen Schuhen, und einen Tag später sitzen wir nun vor dem ICA (Supermarkt in Schweden) und genießen unser Vesper und sind glücklich und stolz den anspruchsvollen Lapplandsleden „bewältigt“ zu haben. 

Aber die Sehnsucht nach deiner wilden Schönheit, deinen vielen traumhaften Seen und deiner Einsamkeit wird bleiben, da sind wir beide uns ganz sicher!

Wer mehr Informationen möchte, dem kann ich wärmstens den demnächst erscheinenden Wanderführer „Fjällwanderung Lapplandsleden“ empfehlen. In diesem Sinne „god tur“!

Inzwischen gibt es von uns auch einen Wanderführer zum Lapplandsleden:

Das Buch ist bei www.epubli.de, bei der Geobuchhandlung in Kiel ( www.geobuchhandlung.de ) oder im Buchhandel unter der ISBN 978-3-757566-43-2 erhältlich.

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