Radtour Nordkapp – Lofoten

Wir setzen unsere Reise fort:

Nordkapp – Tromsø

Tag 19

Honningsvåg- Tromsø (Schiff)

Leider lässt unser Zeitbudget noch keine längeren Reisen zu. Wir legen deshalb diese Etappe wieder mit der Hurtigruten zurück. Schließlich wollen wir noch auf die Vesterålen und auf den Lofoten Mathias und Gabi treffen.

Es ist unser zweites sehr frühes Aufstehen,  3.30 Uhr. Plus 2 Grad.  Die Sonne wird gleich hinter den Bergen hervor spickseln, Rentiere stehen neugierig auf dem Campingplatz und scheinen sich zu wundern, was um Gottes Willen wir vorhaben und sie auf ihrem Terrain beim Fressen stören.

Gut eingepackt sind die 8 Kilometer ein Leichtes, zumal in dieser traumhaften und abgeschiedenen Gegend. Das Warten auf das Eintreffen um 6 Uhr ist kurzweilig. Man hat die Möglichkeit entweder im Warmen zu sitzen, oder dem schon geschäftigen Treiben der Hafenarbeiter zuzuschauen, die Getränke,  neue Fischernetze, Ersatzteile,  Post u.v.m. bereitstellen. 

Pünktlich, wie ein deutsches Uhrwerk läuft sie ein, und wie könnte es anders sein, heißt unser Schiff für die nächsten Stunden,  Nordkapp.  Vad kul,  würde der Norweger sagen.

Uns ist ja das Eincheckprozedere schon bekannt. Alles schläft noch. Und so nutzen wir noch die Zeit uns umzuschauen. Frühstück vom feinsten hinter dem Panoramafenster, bei Windstille,  kaum zu überbieten. Relaxt lassen wir die supergeniale Fjordlandschaft an uns vorbeiziehen, genießen das gepflegte, äusserst saubere Ambiente. Es ist sehr kurzweilig, das Wetter ändert sich ständig,  immer wieder wird ein Hafen angelaufen, Leute steigen ein und aus, spannend.

In der Bucht von Honningsvåg.

Die Häuser von Øxfjord schmiegen sich eng an den steilen Hang. 

Tromsø – Vesterålen

Tag 20

Tromsø – Fjordbotn

Die nördlichste Universitätsstadt der Welt begrüsst uns mit einem wahren Lichtermeer. Es sind nur noch wenige Minuten bis der neue Tag beginnt. Wir werden unser Nachtquartier aufschlagen und weniger luxeriös nächtigen als die Hurtigrutler. Dennoch liegen wir schneller im „Bett“, werden sie doch noch in der Eismeerkathetrale einem Mittagnachtskonzert lauschen, den Gesichtern nach zu urteilen mit mehr oder weniger grossen Begeisterung.

Der Campingplatz in Tromsø ist übrigens sehr zu empfehlen. Neu und nach modernem Standard. Leider kommen wir nur kurz in den Genuss,  wollen wir doch nach einer kleinen Stadtrundfahrt weiter auf die Insel Senja. Es ist deutlich wärmer als die Tage davor und leicht bewölkt. Die Strasse schlängelt sich leicht bergauf und bergab am Ufer des Stønnesboten entlang, mal durch einen Tunnel, nach Brensholmen. Dort holt uns die Fähre ab, denn fliegen und schwimmen kann unser Tandem noch nicht.

Tag 21

Fjordbotn – Gryllefjord – Andenes (105 km)

Bis um 08.00 Uhr liegt der Fjord noch ganz still vor uns. Wo bleiben nur die vorhergesagten Windstärken mit 15m/s? Wir werden sehen. Über kleine Anhöhen und vieler Tunnel geht es durch die fantastische Bergwelt der Insel Senja. Wir treffen verschiedene Nordkappradler und verbringen die Mittagspause bei Gratiskaffee und Waffeln im Supermarkt von Skaland. Diese Dorfläden sind immer auch der soziale Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft. 

Der Senjatroll ist eine kleine Fantasiewelt mit einem riesigen Troll und angeschlossenem Café. Wie fast immer kommen wir auch an diesem Café nicht vorbei ohne kurz reinzuschauen. 

Noch 7 Kilometer bis Gryllefjord, der Wind wird immer heftiger und bläst uns die kleineren Steigungen hinauf. Noch zwei Stunden bis zur Abfahrt der Fähre. Wir finden ein kleines Restaurant mit leckerem, frisch zubereitetem Essen.

Die Fähre ist zwar recht betagt, macht jedoch einen seetüchtigen Eindruck. Ruhig fährt sie aus dem Fjord hinaus. Draussen auf offener See hat der Wind das seinige getan. Das Schiff schaukelt und rollt. Die Wellen klatschen heftig an die Bordwände. Wir haben Angst, dass wir seekrank werden und die Autos im Unterdeck durcheinander gewürfelt werden. Nach 2 Stunden ist Andenes erreicht und wir sind froh wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.

Die letzten 20 Kilometer zum Campingplatz nehmen wir fast im Flug. Der heftige Rückenwind treibt uns vor sich her. An einem Sandstrand finden wir ein aussichtsreiches, aber auch windumtostes Plätzchen. 

Sicherheit geht an den Tunneldurchfahrten vor. Die Reflexweste erhöht unsere Sichtbarkeit. Ein Blinklicht warnt den motorisierten Verkehr vor Radfahrern.

Intensive Fischzucht.

Leider lässt das Wetter an diesem Aussichtspunkt nicht wirklich Luftsprünge zu.

Vesterålen – Lofoten

Tag 22

Andenes – Boksnesfjord 

Die See zum Frühstück. Der Himmel ist ruhelos und entwirft ein spektakuläres Wolkenbild nach dem anderen und ist trotzdem nie lange damit zufrieden. Das Morgenlicht ist so fordernd, dass sogar Langschläfer zu Frühaufsteher werden.

Der Samstag scheint auch hier der Heimwerkertag zu sein. Überall stehen die Männer auf Gerüsten, hämmern und sägen, streichen Hauswände an, mähen den Rasen und manch Häuslein, das bisher im Dornröschenschlaf lag, wird zu neuem Leben erweckt. Andøja ist ein zauberhaftes Inselchen, ein paar Schafe hie und da, Mövengeschrei, ein paar Papageientaucher, die erschreckt davonfliegen. Wildgänse, die sich demnächst auf den Weg nach Süden machen, bizarre Felsformationen, türkisblaues, klares Wasser. Man kann kaum glauben, dass die Insel uns gestern Abend so widerborstig und stürmisch begrüsst hat. Wir vergeben ihr!

Wir besuchen einen kleinen Hofladen mit angeschlossenem Café. Zeit haben wir heute genug. Unser Platz ist nicht weit entfernt. Nach einer respektablen Tasse Kaffee, kommen wir mit der schüchternen Bäuerin ins Gespräch und gleich finden Andreas und sie ein gemeinsames Thema,  der Frischkäse.  Es wird gefachsimpelt und sie ist sichtlich angetan und erzählt ein bisschen. Sie freuen sich über Touristen, mehr sollten es aber nicht werden. Die Insel soll so bleiben wie sie ist, ursprünglich. Eine gute Sache, wie wir finden. Sie erzählt spannend und interessant.

Unsere nette und schön gelegene Campinganlage ist bald erreicht. Zeit zum Wäsche waschen, Körperpflege und relaxen ist angesagt. 

TAG 23

Boksnesfjord – Laukvik – Sandletta

Sonntag. Es regnet nicht. Totale Windstille. Die Mücken tanzen wie wild vor dem Zelt und fliegen uns in Aug und Ohr – brrrrrr. Die See liegt still  und unberührt. Der erste Kutter pflügt sich durch das Wasser, wie ein Schneepflug hinterlässt er seine Spuren.

Heute werden wir wieder eine lange Strecke von weit über 120 km zurücklegen. Kaum zu glauben, so groß können doch die Inseln nicht sein! Aber wir müssen sämtliche Fjorde ausfahren. Es ist eine kurzweilige Fahrt. Für mich ist Hinnøja die Insel der Farben. In sämtlichen Braun- und Rottönen leuchten die Moose und Flechten zwischen dem überragenden Heidekraut. So etwas sieht man nur, wenn man langsam reist. 

Am Nachmittag erreichen wir die Fähre in Menü, die uns bei sehr ruhiger See nach Fiskebøl bringt, auf die Lofoten.

Natürlich fahren wir nicht auf direktem Weg zu unserem Übernachtungsplatz, sondern schön in größeren Bögen, der Küste entlang. Unser Pino scheint das nicht so sehr zu gefallen. Es knackt und knarzt, was sich auch beim mehrmaligen Anhalten und Schrauben nicht beheben lässt. Nein, bitte jetzt nicht aufgeben, so kurz vor dem Ziel. Für die tollen Sandstrände mit dem türkisblauen Wasser, den unter Naturschutz stehenden Sanddünen haben wir nur ein halbes Auge übrig. Außerdem verdunkelt sich der Himmel.

Wir kommen gut an. Und nach Inaugenscheinnahme des Platzes, entscheiden wir. Hier bleiben wir eine Nacht länger. Wir können drei Holzhäuser, die sowohl als Restaurant, Aufenthaltsraum und Laden dienen, die im Stil von samischen Jurten sind, mitbenutzen. Sie werden durch eine große offene Feuerstelle beheizt. Urgemütlich und toll gelöst.

Tag  24

Sandletta

Zeltregengammeltag.

Es regnet nicht nur tagsüber, er hält auch noch die ganze Nacht an, verstärkt durch heftigen und böigen Wind. Unsere geplante Schifffahrt von Svolvær nach Tromsø wird für uns immer unwahrscheinlicher, denn Sturmwarnung mit bis zu 19m/Sec ist angesagt. Dann eben Bus.

Typisch für die Lofoten sind die grasbewachsenen Dächer. Selbst Briefkastenhäusle und Buswartestellen sind bewachsen. Sieht toll aus und praktisch. Wenn das Gras zu lang wird, einfach Schaf drauf stellen, fertig. Das Dach sollte halt nicht zu steil sein, sonst….

Warum funktioniert so was bei uns nicht? Viele triste Baugebiete sähen gleich netter aus und würden auch noch einen ökologischen Zweck erfüllen.

Tag 25

Sandletta – Svolvaer

Der Himmel sieht heute Morgen doch recht vielversprechend aus. Kleine blaue Tupfen sind erkennbar. Unser Zelt steht regelrecht auf einer Insel. Rundum Wasser, um das wir balancieren müssen. Wir sind die Waagemutigsten heute früh. Die jungen Camper mit Kleinwagen oder Rucksack schauen noch etwas verunsichert, aber wir sind ja mittlerweile abgehärtet, denn auf strahlenden Sonnenschein kann man in Nordnorwegen u.U. lange warten.

Wir starten auf unsere letzte und mit 29 km kürzeste Route nach Svolvær.  Der Wind hat heute kein Einsehen mit uns, aber wir kämpfen. Auf der unvermeidbaren E 10 ist schon einiges los, die deutschen Urlauber nehmen zu, die mit ihren Schlachtschiffen und hinter ihren Panoramafenster gemütlich über die Insel gondeln. Fast mitleidig wird auf uns herabgeschaut.

Die Stimmung ist grandios. Ständiger Farbenwechsel, von hellgrau bis olivgrün, leicht rosa, alles dabei! 

Svolvær hat sich gemausert und aufgehübscht. Schön ist sie geworden, die Hauptstadt der Lofoten.  Nach einem respektablen Cappuccino starten wir zu einer kleinen Stadtrundfahrt und suchen bei der Gelegenheit gleich ein Quartier für heute Nacht. Wir freuen uns auf ein Treffen mit Mathias und Gabi, die uns heute Abend zum Essen in ihrem Rorbuer eingeladen haben. 

Svolvaer – Tromsø – Frankfurt – Aulendorf

Tag 27

Busfahrt Svolvær – Tromsø 

Unschlüssig ob wir den Weg nach Tromsø mit der Hurtigruten oder mit dem Bus zurücklegen nimmt uns der Wetterbericht die Entscheidung ab. Wir sind nicht besonders seetüchtig, 20 m/Sekunde sind uns zu viel Wind. Wir nehmen den Bus!

Es ist überraschenderweise eine doch ganz angenehme und entspannte Fahrt. Bei diesem Sturm wäre Fahrradfahren lebensgefährlich geworden. Und so zieht in zügigem Tempo sie bereits teilweise überschwemmte Landschaft an uns vorbei. Rauschende Wasserfälle und bereits eingefärbte Gräser und Moore verleihen dem tristen Wetter, eine auflockernde Athmosphäre. Je weiter nördlich wir kommen, desto schöner wird das Wetter und so kommen wir am frühen Abend bei Sonnenschein in Tromsø an. Unser Hotel liegt zentral und hier werden wir nach einer kurzen Verschaufpause noch in den Genuss der kulinarischen Woche in der Stadt kommen. Essen in verschiedenen Lokalen für 100 NOK mit musikalischer Umrahmung. 

Tag 28

Tromsø 

Heute ist gemütliches Schlendern durch die Stadt angesagt. Es ist mit 9 Grad kühl, aber hell, stellenweise auch sonnig. Man trägt Herbst,  auch schon Winter. Erstaunlich, ich dachte die Nordländer sind abgehärtet!  Abgesehen von vielen Bausünden, hat die Studentenstadt doch noch ihren Liebreiz erhalten können. Auch hier wird altes Gemäuer, bzw.  man muss von altem Gehölz reden, wieder aufgehübscht, es wird gepflastert und Grünanlagen werden angelegt. Bemerkenswert sind die vielen jungen Menschen aus aller Herren Länder, die hier studieren und sich, so der Eindruck, wohl fühlen. Ein Besuch im Nordischen Kunstmuseum und Fotografiemuseum, beide gratis, runden den Tag ab. Nein halt, nicht zu vergessen, den besten Cappuccino Nordeuropas haben wir hier oben getrunken. Takk! Mat och cafébar Risø!

Es waren intensive, herrliche vier Wochen, keine Frage. Was war am schönsten? Die Begegnung mit dem Bär, die neugierigen Rentiere, die herrlichen Wälder, die Schreie der Kraniche oder die einmalige norwegische Fjordlandschaft. Wir können es nicht beantworten. Wir glauben, dass man vielleicht doch einen kleinen Dachschaden haben muss, diese schroffe und einsame Gegend mit dem Fahrrad zu „erobern“ . Aber wir hatten so viele nette Begegnungen und sahen so viele Kleinigkeiten am Wegesrand, die man nur dann sieht, wenn man langsam unterwegs ist.

Diese Radreise ist gut machbar, Strecken von rund 100 Kilometern pro Tag kommen vor, auch mit bis zu 1500 Höhenmeter, wenn gleich kaum eine Bergstrecke mehr wie 200 Höhenmeter aufweist (Ausnahme: Strecke von Kirkenes nach Kjøllefjord und zum Nordkapp).
Erforderlich ist somit einigermaßen gute Kondition, sehr gute Ausrüstung, die Fähigkeit wichtige Reparaturen am Rad selbst zu erledigen, ein sturmsicheres Zelt sollte man unbedingt als Sicherheit dabei haben, Essen für mindestens zwei Tage und die Geduld Einsamkeit und Stille  aushalten können. Genau diese Ruhe haben wir gesucht und gefunden.

God tur!  

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