Gotland Radtour

Wir setzen unsere Radtour auf Gotland fort:

Nach anfänglichen Befürchtungen hinsichtlich eines nächtlichen Sturms während der fast 4 stündigen Überfahrt bestätigen sich nicht.

Ankunft in Gotland bei leichten Regen und Gewitter gegen 00:10 Uhr. Eine nette Gotländerin, ebenfalls mit dem Fahrrad unterwegs lotste uns bei reger Unterhaltung zum Campingplatz. Nett! 

Tag 8

Visby – Sudersand (Fårö)

Heute Nacht stand unser Zelt auf dem Campingplatz wie auf einer Insel, mitten in einem kleinen See. Das nächtliche Gewitter und der kurze, kräftige Regen haben ihre Spuren hinterlassen. Bei heftigstem Wind aber ohne Regen starten wir zu einer kurzen Besichtigungstour durch Visby, die ja mit seiner nahezu komplett erhaltenen Altstadt und der 3,5 Kilometer langen Stadtmauer seit 1995 zum Weltkulturerbe zählt. Heute ist der letzte Tag der jährlichen Mittelalterwoche. Wir bummeln durch den ansprechenden Markt mit „mittelalterlicher“ Handwerkskunst und kräftigen Gerichten. Beim Bezahlen hört das Mittelalter auf. Die Zeche wird mit „Swish“ oder per Karte beglichen.

Die Weiterfahrt bei frischen Temperaturen,  an die wir uns erst wieder gewöhnen müssen,  geht über Lummelunda, Stenkyrka, Kappelshamn nach Ar mit „Karibikstrandfeeling“.

In Fårösund stand eine Kaffeefika (Kaffeepause) im Café Maffen, sehr hyggelig, mit Kanelbulle (Zimtschnecken) auf dem Programm, bevor uns die gelbe Fähre über den Fårösund auf die Insel Fårö bringt.

Die Insel begrüßt uns mit tollem Licht und Regenbogen. Wir spüren sofort, die Insel ist wohl etwas ganz besonderes. Selbst die Sprache ist eine andere.

Der 4 Sterne Campingplatz Sandviken wird angesteuert.  Noch schnell geduscht und ein Joghurt „geschlabbert“, dann wird die Nacht eingeläutet.

Sudersand – Åminne

Tag 9

Sonnenschein, das passt.  Wir wollen heute die Raukartour fahren, die Sehenswürdigkeit auf der Insel. Viele Touristen, die Gotland besuchen, nehmen Sie als Fotos mit nach Hause.  Raukar sind bizarre Steinskulpturen. Aus dem Kalkstein wurden die weicheren Bestandteile durch Erosion ausgewaschen. Die härteren Bestandteile blieben stehen.

Einen Besuch in der Kirche in Fårö,  mit einem schönen, typisch skandinavischen, nüchternen Innenraum, runden den Aufenthalt auf der superschönen Insel ab. Auch Olof Palme und Ingmar Bergman wussten die Fårö zu schätzen. Verbrachten beide doch eine längere Zeit hier, Ingmar Bergman hat hier seine letzte Ruhestätte gefunden.

Das nette Café Maffen wird nochmals  zum Lunch angefahren, nachdem wir uns längere Zeit mit einem älteren Radler aus Stockholm unterhalten haben. Wir denken, unser Schwedischlehrer und Freund Lars, wäre ein wenig stolz auf uns.

Weiter über Slite nach Åminne. In Slite zeigt uns ein großes Zementwerk, dass Kalk ein wichtiger Rohstoff aus Gotland ist, während im übrigen Schweden meist Urgesteine vorkommen.

In Åminne finden wir einen ruhigen Platz am Meer. Der Abend ist noch sonnig und warm, so nutzen wir noch die Zeit um einen abschließenden Spaziergang an den wohl schönsten SandStrand Gotland. Menschenleer und feinkörnig. Am Mittelmeer könnte man sich das kaum vorstellen!

Wir kommen gut voran, die Landschaft ist von Landwirtschaft, Ackerbau und Schafhaltung geprägt, in der Hauptsache Gotlandschafe. Wir folgen einem wunderschönen etwas holprigem Küstenweg von Herrvik nach Sysne, mit Sandstrand und knorrigen Fichten, eine Vegetation, die von heftigen Stürmen zeugt, vorbei an Gedenksteinen von untergegangenen Kriegsschiffen und einer  Gedenktafel an die Atomkatastrophe von Tschernobyl. Hier wäre eigentlich der perfekte Wildcampingplatz, hätten wir genug Trinkwasser dabei! Der Regen setzt pünktlich ein und wir finden in Ljugarn noch einen Sitzplatz in einem typischen schwedischen Cafè, ein bisschen retro, etwas IKEA, der Rest wie daheim, wie bei Muttern. Apropos Muttern, hier kocht Mama Safranpannkaka und Pannkaka mit Grädde und Sylt (Schlagsahne und Marmelade), die Tochter steht hinter der Selbstbedienungstheke. Kurz vor unserem heutigen Ziel brauchen wir eine Pause und nutzen die im alten Hofgut Kattlund. Das einzige Beispiel eines aus Stein gebauten Großbauernhofs in Nordeuropa aus dem Mittelalter.  Er stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist noch vollständig erhalten und beinhaltet ein Museum mit den Einrichtungsgegenständen die gleichzeitig als Inventar des Gasthauses genutzt wird.

Kurz vor Burgsvik fängt unser Fahrrad an zu „hoppeln“. Ein Blick auf den hinteren Mantel zeigt einen tiefen Riss an der Flanke. Ein mit rund 1000 Kilometern fast neuer Schwalbe Marathon Plus hat den Geist aufgegeben. Freunde von uns hatten das Problem kürzlich auch, obwohl wir immer darauf achten mit genügend Luftdruck zu fahren. Mal schauen ob der nächste Tag eine Lösung für dieses Problem bringt.

Tag 11

Burgsvik – Hoburgen – Klintehamn

Bei örtlichen Eisenwarenhändler haben wir Glück. Er hat zumindest einen Mantel in der richtigen Größe. Die Konstruktion kommt uns etwas schwach vor, doch bis Visby muss der Mantel halten.

Wir wagen es und wollen heute doch noch die ganze Südspitze Gotlands ausfahren, auch mit chinesischem Hinterrad. Auf einem wenig frequentierten Strässlein geht es durch eine karge Heidelandschaft, bevor sich die ganze Südspitze mit der typischen gotländischen Raukelandschaft und der Steilküste zeigt. Mächtige Felsgestalten ragen auf und der eigenen Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.  Eine davon soll der Hoburgsgubben (Hoburgsgreis) sein.

Die alte Steinmühle in Kettelvik wird gerade von einer Busladung in Beschlag genommen, so dass wir wieder Richtung Norden auf einer Parallelstrasse nach Klintehamn fahren. Ferienende in Schweden heißt, viele Campingplätze sind nicht immer besetzt, so kommen wir in den Genuss einer kostenlosen Übernachtung direkt am Strand und haben die Auswahl Pool oder Meer.  Wir entscheiden uns für letzteres.

Tag 12

 

Klintehamn – Visby- Oskarshamn

Es ist schon sehr warm im Zelt und noch nicht einmal sieben Uhr. Ein Zeichen, es ist sonnig. Nach Müslifrühstück, leider immer noch ohne Kaffee, dafür aber unverbauter Blick auf sie blaue  Ostsee, starten wir nach Visby. Der erste Eindruck sollte uns nicht enttäuscht haben. Visby gehört für uns neben Stockholm zu einer der schönsten Städte. Aber der Reihe nach.

Visby gehört mit seiner nahezu intakten Altstadt die von einer fast 4 km langen Stadtmauer umschlossen ist, seit 1995 zum Weltkulturerbe.  Sie hat auf einzigartige Weise ihr Stadtbild und die äußerst wertvolle Bebauung bewahren können.

Wir schlendern durch die gepflasterten Gässchen,  vorbei an windschiefen kleinen Häuschen, der Dom aus dem 12. Jahrhundert mit seinen imposanten Türmen  überragt die ganze Stadt,  vorbei an alten Kirchenruinen, wo im Sommer Konzerte stattfinden und ein Restaurant untergebracht ist,  der Stora Torg, dem Marktplatz, wo es im Mittelalter nicht immer lustig zugegangen sein muss. Mit viel Fantasie und Liebe zum Detail hat man in den winzigen Häusern nette Restaurants, Cafés und Kneipen eingerichtet, kurzum, Visby lädt durchaus zum längeren Verweilen ein.

Tag 12

Oskarshamn – Trelleborg

Wir verlassen den wunderschön gelegenen und sauberen Campingplatz in Oskarshamn und radeln bei hohen Temperaturen und starkem Gegenwind auf kleinen wenig befahrenen Sträßchen durch sehr trockene Wälder, wieder fast fjällartige Landschaften und sehen nur ausgetrocknete Flüsse und Bäche. Es ist sehr anstrengend und wir haben das Gefühl nicht recht vorwärts zu kommen. Eine schön gelegene Badestelle lädt uns zur Pause ein und so kommen wir heute endlich mal wieder in den Genuss, in einem typischen leicht moorigem aber herrlich erfrischendem schwedischen See zu baden.

Unser Navi zeigt am Ende des Tages 98 km und 1280 Höhenmeter, obwohl wir nie höher als 170 über dem Meer waren.

 Tag 13

Orrefors – Ryd

Wir müssen natürlich wieder in Richtung Süden und es ist uns klar, dass der gestrige Tag und auch die kommenden 2 Tage nicht sonderlich herausragende kulturelle oder gar spektakuläre Erlebnisse auf dem Tablett haben. Dennoch sind wir heute doch angenehm überrascht, welche schöne Ecken hier in Småland auf uns warten. Småland ist Schweden wie man es von den IKEA – Katalogen her kennt. Rote kleine Häuser mit weißen Fensterrahmen, davor ein Apfelbaum, ab und an ein versteckter lauschiger See mit kleinen Miniinseln vielleicht noch ein Ruderboot.

Tag 14

Ryd – Kristianstad

Der Sonntag ist für die Schweden ein ganz normaler Einkaufs, – Gartenarbeit – und allgemeiner privater Handwerkertag. Und sehr gerne spielen sie, egal ob in Nord- oder Südschweden: Bingo. Ganze Menschenansammlungen, meist ältere Leute stehen vor den Buden und fachsimpeln.

Unsere Fahrt bei starker Bewölkung führt über Mörrum, einem bekannten Lachsfanggebiet, durch landwirtschaftlich geprägtes Gebiet. Hier werden hauptsächlich Mohrrüben, Gurken, Getreide und auch Tabak angebaut. Alles ist abgeerntet und sieht bei dem düsteren Himmel etwas leicht trostlos aus. Nach längerem Suchen finden wir endlich unseren angestrebten Campingplatz im Garten eines Vandrahems, nicht schön aber…..

Achtung: Eine schwedische Meile sind 10 Kilometer.

Tag 15

Kristianstad – Borrby Strand

Der Straßenlärm am Montagmorgen lässt uns früh aufbrechen, die Wolken hängen tief, grau und traurig, als hätten sie gewusst, dass für die Schwedenkinder die Schule wieder beginnt.  Wir wollen noch kurz in die Stadt, hat Kristianstadt doch eine gewisse Bedeutung für uns persönlich. Mussten wir doch im Schwedischkurs anhand des Stadtplanes einige  Wegbeschreibungen üben, ist doch allein die schwedische Aussprache dieser Stadt eine Herausforderung: Chrichandsta!

Im monotonen Tretgang und Gegenwind nähern wir uns Åhus. Wir haben uns nun entschlossen, den gleichen Weg zurück zu fahren.Wann kommen wir schon wieder so nah an solche tollen Strände. Auch Petrus scheint unsere Idee gut zu finden und hat wenigstens sonnentechnisch ein Einsehen mit uns. Tolle Zwischenstopps an herrlich menschenleeren feinsandigen Stränden beflügeln uns und so rollen wir fast beschwingt nach Borrby Strand, unser heutiger wie auch erster Übernachtungsstop dieser Reise.

Tag 16

Borrbystrand  – Trelleborg 

Unter dem kreischenden Geschrei großer Wildgansformationen,  die hier ihre Übungsflüge absolvieren, verlassen wir den schön gelegenen Platz und machen uns auf den direkten Weg zunächst nach Ystad. Schon unterwegs haben wir sie Entscheidung,  den gleichen Weg  zurück zu fahren, keinesfalls bereut. Wir entdecken einen neuen Radweg, der uns unmittelbar am Ufer durch einen herrlichen Kiefernwald – immer mit Meerblick – bis in die Stadt hineinführt. Fabelhaft. Weißer feinkörniger Sand, so weit das Auge reicht. Menschenleer.  Ab und an reihen sich farbenfrohe Minibadehütten wie Perlenketten entlang dem befestigten Weg, auf dem man prima Rad fahren, zu Fuß gehen kann, immer den Blick auf sie offene See. Wo gibt es einen kilometerlangen Strand in Stadtnähe,  wo man nicht wie die Ölsardinen liegt und noch kostenloser Zugang hat, dazu später!

Nach einem leckeren Dagensrätt (Tagesessen) steuern wir nun Trelleborg an, ohne nicht einen kleinen Abstecher zum südlichsten Punkt Schwedens zu machen. Hier auch wieder Touristen aus Dänemark, die unser Pino fotografieren und uns nach unserer Fahrt fragen.

Das Schild nach Treriksröset (Dreiländerecke Norwegen – Finnland – Schweden) lässt selbstverständlich Gedanken an andere Projekte aufkommen. Mit dem Fahrrad dort hin? Mit Ski von Grövelsjön nach Treriksröset oder gar zu Fuß?

Natürlich haben wir die 100 km Grenze wieder mal deutlich geknackt und finden auf dem etwas umtriebigen Campingplatz in Trelleborg ein Plätzchen zusammen mit doch zahlreichen Radtouristen aus Deutschland. Hier trifft sich alles, was anderntags auf die Fähre muss. So auch ein junges Paar mit kleinem Kind aus Potsdam. Wir tauschen Erfahrungen aus, Tipps und Reisepläne werden verhandelt und es ist längst stockfinster, eh man sich noch schnell unter die Dusche stellt.

Tag 17

Trelleborg – Travemünde 

Es herrscht schon reges Treiben am Fährhafen. Konzentration ist angesagt, damit man a) die richtige Spur findet, b) nicht in irgendwelche Schienen gerät und c) nicht unter die Räder von leicht überforderten meist älteren Freizeitwohnmobilkapitänen. Die Fahrt ist sehr ruhig und bei herrlichem Wetter entspannen wir vor dem Panoramafenster und bei einem mehrgängigen Mittagessen.

Ankunft in Trelleborg gegen 19:30, also  fast 10 Stunden auf dem Schiff, jetzt noch schnell das Zelt aufgebaut und dann Schluss für heute.

Wir beenden die Reise mit zwei ruhigen Ausflügen nach Lübeck und Wismar.

veröffentlicht in der Kategorie

,

Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert