Klassische Rundtour in der Hardangervidda bei unglaublich schönem Wetter.
Anreise
Nach einer langen Fahrt im Intercity von Freiburg über Heidelberg nach Kiel sind wir froh, auf der Fähre nach Oslo zu sein. Ein gewisser Komfort entschädigt uns für die unbequeme Nacht im Zug. Nach einer ruhigen Überfahrt kommt am frühen Morgen der Oslofjord in Sicht, das häufig fotografierte Lotsenhäuschen weist auf die Nähe des Osloer Fährterminals hin.
Im vollen Stadtbus drängen wir uns mit der Pulka und den großen Rucksäcken zum Hauptbahnhof Oslo Sentralen.
Vor uns liegt bei sonnigem Wetter die Fahrt nach Finse, mit gut 1200 Metern über dem Meer der höchste Punkt der Bahnstrecke Oslo – Bergen. Vorbei an glitzernden Seen und bald schneebedeckter Landschaft geht es über Gol und Geilo nach Finse.
Finse empfängt uns mit warmen plus 2 Grad und einem Mix aus Sonne und Nebel. Wir packen Ski und Stöcke aus, montieren die Pulka vom Reisemodus in den Tourenmodus um, tanken noch Trinkwasser und machen uns gegen 17:00 Uhr auf den Weg in Richtung Kjeldebu. Bis zur Hütte Kjeldebu werden und wollen wir heute nicht mehr gelangen, wir planen eine Zeltübernachtung.
Der Aufstieg im leichten Nebel lässt den Hardangerjøkulen nur erahnen, die Sonne scheint diffus, wir tragen lieber noch eine Schicht Sonnencreme auf.
Kurz vor dem höchsten Punkt der Route in Richtung Kjeldebu schlagen wir unser Nachtlager auf. Der Schnee ist hart, wir sinken auch ohne Ski nicht ein, die Schneeheringe leisten gute Dienste.
7 Kilometer
Über Kjeldebu und Dyranut
Im Halbschlaf erschrecken wir kurz, als noch weitere Tourengänger um ca. 22:00 Uhr vorbei kommen. Sie haben wohl den Abendzug genommen.
In der Nacht sehen wir von oben den Bahnhof von Finse, von Ferne hören wir noch den Nachtzug.
Früh am Morgen wecken uns die Schneehühner mit ihren Rufen, es ist klar und wir können die Aussicht genießen.
Mit den ersten Sonnenstrahlen brechen wir auf, auf und ab in der fjelltypischen Landschaft. Die Karte zeigt viele Sumpfgebiete und Seen an, im Winter ist es ein Leichtes, sie zu überqueren. Nach rund einer Stunde kommen wir zu einem weiteren Zelt. Ein Pärchen mit Schlittenhund hat dort übernachtet, es waren die nächtlichen Tourengänger. Sie wollen in der kommenden Woche die Hardangervidda nach Süden durchqueren und Haukelifjell erreichen. Dies war ursprünglich auch unser Plan. Aufgrund der besseren Zugverbindungen in Zusammenhang mit der Heimreise haben wir uns jedoch für eine Rundtour entschieden.
Zunächst geht es auf gutem, hartem Schnee weiter bergab und über verschiedene Seen. Dort wird der Schnee aufgrund der Wärme des Vortags wesentlich ruppiger, zumindest bis die Sonne genügend Kraft hat, den Schnee aufzuweichen. Manchmal schlingert die sonst so spurstabile Pulka hinter uns her. Entlang der Ostseite des Hardangerjökulen erreichen wir um die Mittagszeit die DNT – Hütte Kjeldebu. Inzwischen ist klar, den DNT–Schlüssel haben wir in Deutschland vergessen. Voraussichtlich dürfte dies kein größeres Problem sein, da wir für das Leben im Zelt gut ausgerüstet und einige der Hütten auch bewirtschaftet sind.
Nach einer ausführlichen Mittagspause im T-Shirt, mit Schnee schmelzen und Kleider trocknen brechen wir auf in Richtung Dyranut.
Den kräftigen Aufstieg auf der Hälfte der 9 Kilometer nach Dyranut hatten wir irgendwie nicht im Plan. In der ungewohnten Wärme des Nachmittags schwitzen wir kräftig den Berg hinauf.
Am späten Nachmittag erreichen wir Dyranut, ein privates Kaffee mit Übernachtungsmöglichkeiten am RV 7, der auch im Winter meist offenen Straße über die Hardangervidda. Bei Kaffee und Wienerbröd (Plunderstückchen) stärken wir uns und pflegen verschiedene Blasen vor allem bei Felix. Mit gefüllten Thermoskannen und Trinkwassersack geht es am frühen Abend weiter in Richtung Sandhaug. Nach ca. 6 Kilometern bauen wir die Zelte auf.
Als wir die Ski zur Befestigung der Zelte in den Schnee stoßen wollen, bekommen wir einen Schreck. Bei einem Ski von Andreas löst sich die Lauffläche am hinteren Ende. Mit kräftigem Klebeband versuchen wir den Ski zu stabilisieren. Mal sehen, wie lange die Reparatur bei hartem Schnee hält.
Am Abend genießen wir einen herrlichen Sonnenuntergang. Die Schneehühner bringen uns ins Bett und wecken uns zeitig am Morgen wieder.
34 Kilometer
Sandhaug
Unser Zeltplatz ist nach Osten offen, die ersten Sonnenstrahlen wecken uns zeitig.
Bis zu unserem Aufbruch macht sich leider Nebel breit. Die Orientierung ist zwar noch gut möglich, die 20 Kilometer nach Sandhaug werden jedoch etwas langweilig. Nur ab und an ein Schneehuhn, ein Schlittenhundegespann und einige wenige Tourengeher bringen etwas Abwechslung in die grau-weiße Monotonie.
Erst nach einer ausführlichen Mittagspause in der bewirtschafteten Hütte Sandhaug klart es auf. Immer besser ist die großartige Landschaft um uns herum zu sehen, als wir am späten Nachmittag noch einige Kilometer in Richtung Lågaros laufen.
Der Ski von Andreas hat den Tag überstanden, am Abend legen wir nochmals eine Schicht Klebeband auf. Von diesem Tag gibt es nicht so viele Fotos, daher erlauben wir einen Blick in unsere Küche(n).
Die Hauptaufgabe im Winter: Schnee in Wasser verwandeln.
Wir benutzen einen Benzinkocher und einen Gaskocher. Falls eine Energiequelle ausfällt, haben wir Ersatz. Mit speziellem Wintergas und einer entsprechenden Vorwärmung im Kocher kann man auch im Winter gut mit Gaskochern arbeiten.
Guten Appetit!
25 Kilometer
Lågaros
In der Nacht war es wesentlich kälter, etwa minus 14 Grad. Morgens müssen wir die Schneeheringe regelrecht aus dem Eis ausgraben. Entsprechende Vorsicht ist angesagt, die Alu-Schaufeln kommen bei Eis schnell an ihre Grenzen.
Die Spur von Sandhaug nach Lågaros scheint weniger begangen zu sein, es sind weniger Skispuren zu sehen, dafür Spuren von Rentieren und immer wieder Schneehühner. Mal nur zu hören, mal zu sehen. Perfekt die Tarnung im Schnee.
Den ganzen Tag strahlt die Sonne. Perfekte Sicht über die Weiten der Hardangervidda. Eine ausführliche Mittagspause – für manchen mit Mittagsschlaf – machen wir in der Lagaroshütte. Die Hütte ist offen, vier junge Dänen haben dort übernachtet und sind noch dort.
Wir ziehen weiter, jetzt immer nach Norden, in Richtung Rauhellern. Meist eben über Seen und Moorgebiete gleiten wir über die Hochebene.
Man mag sich nicht vorstellen, wie schwierig es ist, den Weg zu finden, wenn die Strecke nicht markiert ist und vielleicht noch ein Schneesturm pfeift und die Sicht nimmt. Bereits bei geringen Windgeschwindigkeiten wird die Sicht durch den aufgewirbelten Schnee sehr stark beeinträchtigt.
Im Gegensatz zu Schweden werden in Norwegen viele Winterwege nur im Frühjahr bis über Ostern „gekvistet“, d.h. mit Birkenreis markiert. In Schweden sind in der Regel die Winterwege mit wetterfesten Markierungen („Andreaskreuze“) versehen.
Als wir am späten Nachmittag einen kleinen Pass überwinden müssen, beschließen wir, an exponierter Stelle zu übernachten. Etwas erhöht, damit wir nicht in einem „Kältesee“ aufwachen.
Wir haben fantastische Aussicht, sitzen noch lange in der Sonne, selbst das Zelt trocknet noch vollständig. Die Nacht wird mit minus 16 Grad wieder frisch, in unseren Schlafsäcken ist dies nach den Erfahrungen im Vindelfjäll in vergangenen Jahr (- 35 Grad) jedoch nicht wirklich ein Problem.
25 Kilometer
Rauhellern und Heinseter
Bereits zum zweiten Frühstück erreichen wir Rauhellern. Zuerst überrascht uns ein Rollstuhl. Eine Norwegerin im Rollstuhl ist hier mit Langlaufski unterwegs. Mutig und bewundernswert! Fortbewegung nur mit den Stöcken bei doch sehr hartem und eisigem Schnee.
Der Ski von Andreas muss wieder repariert werden. Klebeband haben wir keines mehr. Wir überlegen alle möglichen Reparaturvarianten: Schrauben?, Pflaster?, geschmolzener Kunststoff???
Wir wollen gerade den Hüttenwart nach Werkzeug und Reparaturmaterial fragen, als wir im kleinen Shop der Hütte die notwendigen Utensilien entdecken: „Gorillaband“ als Doppelklebeband und als starkes Textilband mit einfacher Klebeseite. Mit der Kombination beider Klebebänder gelingt es uns, die Lauffläche unter dem Ski zu fixieren.
Auch die Füße von Felix brauchen Pflege und Pflaster.
Am späten Vormittag geht es bergauf – bergab 14 Kilometer weiter nach Heinseter, einer privaten, bewirtschafteten Hütte. Vor allem die letzte Abfahrt nach Heinseter über den leicht angefirnten Schnee macht richtig Laune. Die Aussichten auf Kaffee und die Möglichkeit, unsere Schlafsäcke wieder einmal zu trocknen, führen zu der Entscheidung bei der Hütte zu zelten.
Wieder bringt uns das Geglucker der Schneehühner in den Schlaf.
20 Kilometer
Tuva
Hinter der Hütte fließt ein Bach mit beeindruckenden Schmelzwasserspuren im Schnee. Das erste offene Fließgewässer auf unserer Tour.
Wir queren den Bach über eine stabile Brücke und steigen gemächlich einige Höhenmeter an.
Als Kulisse kommt mehr und mehr das Hallingskarvet in den Bĺickpunkt, ein Steilabsturz nach Süden, der sich über etliche Kilometer in West-Ost-Richtung zieht.
Tuva ist auch eine kleine, gemütliche, private Hütte, bereits im Einzugsbereich der Loipen von Ustaoset und Haugastøl.
Wir stärken uns mit einer großen Portion Kaffee und Wienerbrød, der Hüttenwart gibt uns freundlicherweise noch Trinkwasser dazu (trotz der gegenteiligen Ankündigung am Eingang, s.o.). Entlang der tadellos frisch gespurten Loipe laufen wir im ungespurten Gelände noch etwa 8 Kilometer in Richtung Haugastøl. Für die letzte Nacht im Fjell suchen wir wieder einen Übernachtungsplatz mit guter Aussicht. Starker Wind ist nicht angesagt, so dass man es wagen kann, auch an einer etwas exponierten Stelle zu zelten.
So finden wir einen Platz mit Aussicht auf den Hardangerjøkul, das Hallingsskarvet und bis hinunter nach Ustaoset.
21 Kilometer
Ustaoset
Früh am Morgen begrüßt uns die Sonne. Der Schnee ist hart gefroren. Steilere Abschnitte können wir in weiten Bögen ausfahren.
Ustaoset ist ein Hüttendorf, immerhin gibt es einen kleinen Supermarkt und eine Tankstelle. In der Tankstelle heißt es zunächst, dass es im Ort keinerlei Quartier gäbe, wir müssten nach Geilo fahren. Nach einigem Fragen und Suchen finden wir ein kleines Appartement für die kommende Nacht. Einkaufen, kochen, ein Bier genießen – der Nachmittag geht schnell vorbei.
21 Kilometer
Wir mieten uns ein Appartement, am nächsten Tag geht es mit Zug und Schiff wieder nach Hause. Noch immer wundern wir uns über die sonnige Zeit in der sonst sturmumtosten Hardangervidda.
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