Schweden der Länge nach

oder: Von Smygehuk nach Treriksröset

In Schweden ist es schon eine richtige Challenge, zu Fuß, mit Ski, mit dem Kanu oder mit dem Fahrrad das Land der Länge nach zu durchqueren. Die Ausgangs- und Endpunkte sind nicht immer dieselbe. Es spielt auch nicht wirklich eine Rolle, der Weg ist das Ziel.

Endlich haben auch wir Zeit genug, das Projekt in Angriff zu nehmen. Unser Stufentandem, Hase Pino ist „gesattelt“, wir starten in Trelleborg.

Tag 1 (104 Kilometer)

TrelleborgSimrishamn

Mit kräftigem Rückenwind geht es los. Uns lockt die erste Pause in Smugehuk, unserem eigentlichen Startpunkt. Smygehuk ist der südlichste Punkt Schwedens.

Smygehuk – südlichster Punkt Schwedens.

Wir wollen nach Treriksröset, an das andere Ende des Landes im Dreiländereck Schweden – Finnland – Norwegen. Das Schild zeigt 1592km. Wir planen etwa 2800 Kilometer ein.

Tag 2 (111 Kilometer)

Simrishamn – Pukavik / Alholmen

In Skåne bemerkt man das milde Klima auf Schritt und Tritt. Neben Getreide wird Gemüse in großem Stil angebaut. Zwiebeln, Mohrrüben, Salat und Lauch gedeihen Felderweise. An einigen Stellen wird sogar Wein angebaut. Man den guten Tropfen probieren, aber nicht im Weingut kaufen. Der Verkauf von alkoholischen Getränken ist der staatlichen Gesellschaft Systembolaget vorbehalten.

Die Strände haben oft einen südlichen Flair.


Tag 3 (90 Kilometer)

Pukavik / Alholmen – Karlskrona

Sommerfrische, leckeres Mittagessen in Ronneby. Der Rückenwind bleibt uns erhalten, mehr oder weniger steile Hügel jedoch auch.

Tag 4 (96 Kilometer)

Karlskrona – Kalmar

Die geplante Route aus der Stadt heraus gefiel uns nicht wirklich. Wir wollten zu gerne noch einen Abstecher nach Kristianopel unternehmen. Typischerweise haben wir die Anweisungen des Navigationsgeräts missachtet und sind letztlich auf der direkten Straße nach Torsås gelandet. Relativ flott erreichen wir durch die waldige Gegend den kleinen Ort mit einer guten Bäckerei.

Nach Torsås wird die Landschaft offener. Große Höfe, Kartoffel- und Getreideanbau bestimmen das Bild.

Kalmar überrascht mit netten Häusern. Das Schloss ist Pflichtprogramm für viele Schweden.

Tag 5 (96 Kilometer)

Kalmar – Oskarshamn

Unsere Erwartungen an diese Etappe waren eher gering. Diese Einschätzung sollte sich als Irrtum erweisen. Gleich nach dem Campingplatz führt uns die Route an schönen Stadthäusern vorbei. Außerhalb der Stadt sind die Grundstücke teils mit dicken uralten Steinmauern eingefasst, Getreidefelder säumen die Straße.

Besonders gefallen hat uns das kleine Dorf Pataholm mit den typischen Häusern.

Tag 6 (96 Kilometer)

Oskarshamn – Västervik

Endlich haben wir eine fahrbare Route gefunden. Sie vermeidet den riesigen Umweg von 60 Kilometern, wie uns die Radroute Cykelspåret vorschlägt ebenso, wie die vielbefahrene E22.

Wir werden belohnt mit tollen Wäldern und herrlichen Aussichten. Gleichzeitig stressen uns die unbefestigten Straßen durch die Wälder 15% hoch und genauso steil wieder runter. Das kostet Kraft.

Tag 7 (95 Kilometer)

Västervik – Yxningen

Sonntagmorgens versorgen wir uns in der quirligen Kleinstadt mit Proviant. Mit besten Aussichten rollen wir nach Norden.

In Lofta überrascht uns ein wunderbares Sommercafé.

Valdemarsvik

Tag 8 (107 Kilometer)

Yxningen – Nyköping

In der alten Stadt Söderköping schraubt mir der Optiker die Brillenbügel wieder fest. Wir rasten am Götakanal und blicken etwas unsicher auf den unbefestigten Uferweg, nachdem kurz vorher eine Ringelnatter den Weg gekreuzt hat. Man bringt Skandinavien nicht unbedingt mit Schlangen in Verbindung, doch hier oben gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit, eine anzutreffen lebend oder überfahren! Brrrrr!

Götakanal

Tag 9 (84 Kilometer)

Nyköping – Skansholmen

Nach einem ausgiebigen leckeren Hotelfrühstück ist unser nächstes Ziel Trosa, einem lauschigen, supergemütlichen typisch schwedischen Postkartenstädtchen. Gestärkt nach einer Fika und angeregtem schwedischem Gespräch in einem historischen Café radeln wir bei bestem Wetter noch bis Skansholmen. Bei der Marina gibt es einen Platz mit gepflegten sanitären Anlagen und einem abendlich leckeren Abendessen. Die Schweden sind sehr kontaktfreudig und gleich steckt man mitten in der Unterhaltung.

Tag 10 (75 Kilometer)

Skansholmen – Gålö

Eigentlich hätten es nur gut 50 Kilometer sein sollen. Leider zerbröselte unser Navi und wir mussten eine Halterung fürs Handy am Pino kaufen. Jetzt wird mit dem Handy navigiert.

Tag 11 (Ruhetag 20 Kilometer)

Gålö – Dalarö – Kapellskär mit dem Schiff

Wir lassen uns heute durch den äußeren Stockholmer Schärengürtel schaukeln. So viele traumhafte Inselchen. Was wäre es toll, hier ein kleines Sommerhäuschen zu haben! Gestartet von Dalarö aus, einem zauberhaften lebendigen Hafenstädtchen mit ansprechenden Lebensmittelläden und süßen Cafés.

Tag 12 ( 102 Kilometer)

Kapellskär – Hargshamn

Mit Rückenwind sausen wir mehr oder weniger flott auf kurvigen Straßen durch Roslagen. Norrtälje gefällt, ein zweites Frühstück ist fällig.

Tag 13 (115 Kilometer)

Hargshamn -Älvkarleby

Kurze Schrecksekunde, nach nur wenigen Kilometern kreuzt eine Rotte Wildschweine 10 Meter vor uns den Weg. Zum Glück waren die Schwarzkittel schnell wieder im Wald verschwunden.

Nicht nur der Ruf der Kraniche begleitet uns. Die herrlichen Vögel begleiten uns, in der Luft, auf der Wiese und im Getreidefeld.

Eine kurze und sehr nette Unterbrechnung in Österbybruk war ein Treffen mit Freunden aus Ravensburg aus dem früheren Schwedischkurs.

Grümpeltunier mitten im Wald.

Kraniche vor dem Kornfeld.

Tag 14 (113 Kilometer)

Älvkarleby – Ljusne

Entspannung im Café Bönan. Eines der schönsten Cafés, das wir bisher auf unserer Route gesehen haben.

Tag 15 (92 Kilometer)

Ljusne – Hudiksvall

Heute schlägt uns der Wind erbarmungslos und frontal mit ca. 50km/h entgegen. Keine guten Voraussetzungen. Es wird gestrampelt was die Muskeln hergeben und werden immer wieder mit herrlichen Wälder, vollgepackt mit Moosen, Flechten und dem teppichartigen Rentiermoos, Seen und schnuckeligen Häusern belohnt. Erreichen Hudiksvall schneller als befürchtet. Schon unter der warmen Dusche sind die Strapazen schon fast verflogen.

Auch das ist ein Teil von Schweden, die mächtige Holzindustrie schlägt zu.

Tag 16 (117 Kilometer)

Hudiksvall – Sundsvall

Herrliche Windstille, saftige Wiesen auf denen offensichtlich gut gelaunte Rinder stehen, große ausladende Höfe. Wir genießen die tollen Trockenwälder, dazwischen die Aussichten auf‘s glitzende Meer. An der Küste sollen 4500 Inseln liegen! Mitten im Wald kommen wir sogar an einem winzigen Kiosk vorbei. Man bezahlt die geschmackvoll hergerichteten Süßigkeiten mit Swish (geht leider mit deutschen Konten nicht)!

Tag 17 (79 Kilometer)

Sundsvall – Härnösand

Heute stand die erste von drei „Bergwertungen“ auf dem Programm. „Höga Kusten“ lässt grüßen! Mit ausreichend Kraft auf einer schmalen aber sehr gut ausgebauten ruhigen Straßen haben wir sie gemeistert!

Tag 18 (81 Kilometer)

Härnösand – Nordingrå

Höga Kusten, wir spüren es deutlich in unseren Oberschenkeln, leichter Tritt geht anders.

Dennoch, tolle Landschaft, manchmal wird man an den Schwarzwald erinnert, auf einmal wieder dichte Wälder und saftige Wiesen.

Högakustenbron, Radfahrer werden umgeleitet

Tag 19 (79 Kilometer)

Nordingrå – Örnsköldsvik

Es folgt Höga Kusten die 3.! 1100 Höhenmeter die es zu bewältigen gilt. Die Oberschenkel brennen und werden langsam hart, aber mit einem Koffeinschub in einem der herzigen Cafés läuft es dann wie geschmiert.

Nett: Surströmming – fermentierter Fisch, ist eine Spezialität der Gegend. Leider sehr geruchsintensiv. Bei einer Pause neben dem Gemeindehaus kam plötzlich eine Dame mit einer Dose Surströmming heraus und warnte uns bei der Öffnung vor möglichen Duftwolken.

Tag 20 Ruhetag

Örnsköldsvik

Frühstück am Hafen, die müden Beine etwas ausruhen und ein gemütlicher Tag stehen auf dem Programm. Örnsköldsvik, wo der Auslauf der großen Sprungschanze unter den Bahnschienen des Bahnhofs endet, gefällt mit seinem Hafen, den bunten Häuser und der pulsierender Lebhaftigkeit.

Hier bietet uns der riesige Outdoor Outlet die Chance, unsere defekte Liegematte zu ersetzen.

Tag 21 (75 Kilometer)

Örnsköldsvik – Nordmaling

Wir nehmen die Abkürzung: Der Nebenstraße entlang

Kraniche begrüßen uns mit ihren Rufen (Video mit Ton anschauen).

In Olofsfors sehen wir eine alte Schmiede aus dem Jahr 1764, auch das angeschlossene Café behauptet aus der Zeit zu sein.

Tag 22 (74 Kilometer)

Nordmaling – Umeå

Mit Rückenwind geht es flott nach Umeå. Fahrräder überall. Trotz der nördlichen Breite mit langen Wintern gibt es hier eine reichhaltige Radkultur. Selbst Ganzjahresradler sind keine Seltenheit, wie wir uns vor einigen Jahren bei minus 20 Grad selbst überzeugen konnten.

Viele Studierende beleben diese Stadt. Schöne Geschäfte, Restaurants und Cafés. Auffallend auch hier, wie im übrigen Land, extrem wenig bis selten rauchende Leute, große Sauberkeit und das allerbeste, alle Hunde müssen an die Leine und ihre Hinterlassenschaften entsorgt werden. Das beste daran, alle halten sich an die Vorgaben!

Fahrradparkhaus und Verleih, wie häufig in Schweden per App bedienbar
Moderne und alte Gebäude sind eng beieinander
Café am Umeälv, im Winter liegt eine dicke Eisschicht auf dem Fluss

Tag 23 (102 Kilometer)

Umeå – Ånäset

Gut ausgebaute Radwege erleichtern die Ausfahrt aus einer größeren Stadt ungemein. Vorbei am modernen, grünen, gepflegten und sehr ansprechendem Campus der hiesigen Universität. Manchmal stockt einem schier der Atem, wenn man offiziell die dreispurige Schnellstraße E4 zwischen den Leitplanken überqueren muss, oder das Grundstück eines landwirtschaftlichen Betriebes durchfahren muss, da wird uns freundlich zu gewunken.

Der freundliche Landwirt erklärte uns den Weg durch seine Rundballen
Nicht nur auf alten Wegzeichen werden die Entfernungen in Schweden gerne in schwedischen Meilen gemessen ( 1 mil = 10 Kilometer)

Tag 24 ( 78 Kilometer)

Ånäset – Skellefteå

Der Südwind stärkt uns. Ein rotes Holzhaus mitten im herrlichen Wald, ganz allein, sodass es keine geteerte Straße gibt, warnt mit einem selbstgemalten Schild vor spielenden Kindern.

Skellefteå begeistert uns mit seiner jugendlichen Frische. Vor 25 Jahren noch von Abwanderung geprägt, lebt die Stadt heute von moderner, nachhaltiger Industrie und angepasstem Tourismus. Ein Beispiel dafür ist das ganz aus Holz gebaute Kulturhaus und Holzhotel in der Mitte der Stadt. Selbst im 18. Stockwerk, wohin man mit einem aus reinem Holz bestehenden Liftschacht kommen soll, schläft man, laut Prospekt, wie in einer schwedischen Waldhütte. Na dann…!

Tag 25 (101 Kilometer)

Skellefteå – Piteå

Der erste trübe aber trotzdem warmer Tag. Die Straße schneidet den märchenhaften Wald in der Mitte durch. Unspektakulär aber durchaus reizvoll. Zeit die Gedanken schweifen zu lassen. Was haben wir bisher schon alles erlebt? Unvergessliche Momente, herzliche Begegnungen, Überraschungen in jeglicher Hinsicht. So wird es auch heute wieder sein: Mittagessen in einem Hotel und Restaurant. Wir sind etwas früh, aber es stehen schon 10 Autos und Lieferwagen auf dem Parkplatz. Drinnen im wunderschönen hellen Gastraum eifriges Geplapper. Geschäftleute, Dorfbewohner, eine Festgesellschaft und wir. Warmes Essen vom Buffet, incl. Suppe, 15 Salate, Getränke, sowie Kaffee und Kuchen für 11 Euro! Genial! Jeder Sitz wo es gerade Platz gibt und gleich ist man wieder im Gespräch. Abends gleich noch eine spontane Einladung im Pensionatet unserer heutigen Unterkunft zum Risotto Essen!

Tag 26 (66 + 24 Kilometer)

Piteå – Luleå

Selbstgemachtes, noch warmes Sauerteigbrot nebst selbstgepflückter schwarzer Johannisbeermarmelade vom lustigen italienischen Bäcker/Koch/Mann für alle Fälle, hergestellt! Verkligen småklig! So gestärkt kann ja nichts mehr schief gehen. Wir erreichen unser Ziel am frühen Nachmittag und so steht nach dem Aufhübschen die Fahrt in die Stadt Luleå (12 km) auf der Tagesordnung.

Tag 27 ( 142 Kilometer)

Luleå – Sangis

Pünktlich am frühen Morgen hört der Regen auf, der heftige Südwind bleibt. Es dauert fast eine Stunde, bis wir das grossflächige Stadtgebiet von Luleå verlassen haben.

Wie in den vergangenen Tagen verläuft die Route in großen Bögen links und rechts der E4. Von dort bekommen wir nur manchmal etwas mit, im Idealfall durch die Möglichkeit an der Tankstelle einen Kaffee zu trinken.

31 Kilometer bis Raneå, 31 Kilometer bis Töre, 30 Kilometer bis Kalix geben uns den Rhythmus vor.

Der Wind schiebt uns kräftig an. Manchmal sind die asphaltierten Straßen mit unzähligen Schlaglöchern und massiven Frostschäden schlecht zu befahren.

Tag 28 (Ruhetag)

Sangis

Der Sturm peitscht den Regen über den Platz. Wir sind froh, dass wir eine Hütte gemietet haben. Mit herrlichen, herzhaften Waffelgerichten in Steffis Cottage und netten Gesprächen vergeht die Zeit angenehm.

Tag 29 (74 Kilometer)

Sangis – Övertorneå

Was will man mehr: Nordlicht in der Nacht und strahlender Sonnenschein am Morgen.

Und wieder links und rechts berauschende Wälder, nicht langweilig wie man glauben könnte. Die unzähligen Birken lassen genug Licht übrig, damit die roten Preiselbeeren und die riesigen speckigen Pilze in der Sonne um die Wette glänzen. Spuren von Rentieren sind im sandigen Boden sehr gut sichtbar. Schilder machen uns auf eine Strassenbaustelle von 14 km aufmerksam. Durch zentimeterhohe Schottermassen müssen wir uns durchpflügen, zwischen Riesenwalzen, Vierzigtonner und anderen Baufahrzeugen durchschlängeln, winkenden Bauarbeitern ermuntern uns zum Weiterfahren! Von wegen Vollsperrung!

Der Besuch auf dem 173m hohen Luppioberget mit seinem grandiosen Blick auf den breiten Torneälv, einer der letzten Wildflüsse in Schwedens und die Baumwipfel Lapplands, runden den Tag ab.

Stahlgitter sollen die Straße stabilisieren
Der ungezähmte Torneälv bildet die Grenze zwischen Finnland und Schweden
Für ein wenig Kleingeld kann man vom Bett aus die Nordlichter betrachten
Zelten an einem Seitenarm des Torneälv

Tag 30 (121 Kilometer)

Övertorneå – Pajala

Straße 99 – schon wieder Wald, erwähnen wir nicht weiter, er erstreckt sich über den ganzen heutigen Tag, 120 Kilometer! Ab und an eine kleine Ansammlung von Leben in Form von Häusern. Man kommt tatsächlich ins Grübeln. Wie und von was kann man hier leben? Der Sommer geht ja noch….

Klar, und dann ist natürlich dieser gewaltige Fluss, so breit als wäre es ein See mit Schaumkronen. Große Inseln in der Mitte. Der Torneälv, er trennt Schweden und Finnland. Man ist sich nie sicher, in welchem Land man eigentlich ist. Überall finnische Kennzeichen, finnische Fahnen, finnische Ortsnamen und kaum jemand versteht die schwedische Sprache!

Ja, und da ist natürlich noch der Polarkreis zu erwähnen. Recht unspektakulär, keine Menschenansammlung, nur wir beide. Ach ja, zwei Rentiere liefen noch über die beinahe schnurgerade Straße

Holztrucks kommen, Lenker bitte gut festhalten
Torneälv
66 Grad Nord, am Polarkreis

Tag 31 (131 Kilometer)

Pajala – Muodoslompolo

Es ist eigentlich sehr lästig, nachts raus zu müssen. Wenn man aber so alleine in der Dunkelheit steht und das Nordlicht entdeckt, unter diesem Himmelsspektakel steht, ist es sehr besonders, erhebend, einzigartig und kaum zu beschreiben.

Auch der Tag verlief erfreulich, 120 km lange Straße Nr. 99 nahezu alleine, was eher selten der Fall ist. Wo fährt man schon 100 Kilometer Fahrrad ohne Café, ohne irgendwelche Geschäfte oder touristische Aktivitäten. Wieder endloser Wald, versteckt eine rote Holzhütte, ab und an ein Rentier und zur Abwechslung verwunschene kleine Seen.

In Muodoslompolo dürfen wir im Dorfgemeinschaftshaus übernachten. Susann, die freundliche Besitzerin des Dorfladen hat uns den Schlüssel stecken lassen. Erwartet hat uns ein gemütliches Haus mit Schlafzimmer, Küche, Konferenzraum, Webstühlen, Telearbeitsplätzen und duftenden Frotteehandtücher. Die 53 Einwohner des Dorfes haben dies in Eigenleistung geschaffen.

Tag 32 (80 Kilometer)

Muodoslompolo – Karesuando

Es sollte noch eine Spur härter kommen, als der vorherige Tag. Wald, Wald, Wald, strampeln, strampeln, strampeln, keine Tasse Kaffee, schnurgerade Straße, kein Haus, kein Mensch, keine Infrastruktur, nicht einmal ein Rentier ließ sich blicken. Trotzdem wunderbar. Diese Einsamkeit! Karesuando, ein munteres nordschwedischen Dorf, erschien da am Ende des Tages wie eine Fata Morgana!

Karesuando – nördlichst Siedlung Schwedens

Tag 33 Ruhetag

Karesuando

Wir nutzen den Tag zur allgemeinen Regeneration. Wo hat man schon ein Hostel ganz für sich alleine! Fast alleine, im Foyer leistete uns ein ausgewachsener Braunbär Gesellschaft! Immerhin blieb uns diesmal eine Bärenbegegnung erspart.

In den drei örtlichen Geschäften, gibt es alles, was Mann braucht.

Tag 34 (110 Kilometer)

Karesuando – Kilvisjärvi

Die letzte Etappe vor unserem eigentlichen Ziel. Es kommt uns irgendwie gar nicht so vor. So lang ersehnt! Die Straße gleicht einer Achterbahn, nur geradeaus, auf und ab! Anstrengend und sehr ermüdend. Der Gegenwind tut sein übriges. Auch hier dazwischen kein Haus, ein paar samische Holzhütten, ihre abgedeckten Scooter und „Gruschd“. Ewiglange Zäune und Treibgitter ließen erahnen, wie viele Tiere hier im Herbst zusammen getrieben werden. Wir waren nicht wenig erleichtert, am späten Nachmittag das touristische Kilvisjärvi zu erblicken!

Was wäre Finnland ohne Sauna! Hier ist die Sauna obligatorisch immer dabei! Aber heiß! Ein geniales Nordlicht war noch das Sahnehäubchen obendrauf!

Finnlands höchstgelegene Straße

Tag 35 (10 Kilometer + Wanderung)

Kilvisjärvi – Treriksröset

Das Dreiländereck Treriksröset markiert das Ziel unserer Reise, Schweden der Länge nach mit dem Rad zu befahren. Die letzten Kilometer kann man per Schiff und einer kleinen Wanderung zurücklegen.

Der schwedische Ausdruck „gula klumpen” beschreibt ganz gut den Betonblock, der 1897 von Russland und Norwegen (ohne die Beteiligung Schwedens) die Grenzen im hohen Norden festlegte.

Wir freuen uns, endlich das Ziel erreicht zu haben. Etwas stolz sind wir auch, diese Radreise körperlich und mental geschafft zu haben.

Tag 36 (90 Kilometer)

Kilvisjärvi – Løkvollen

Wir verabschieden uns heute nach zwei sehr schönen und eindrucksvollen Tagen von Finnland. Wie wir schon aus Erfahrung wussten, die Finnen „knackt“ man erst beim zweiten Versuch. Dann schiebt sich ein vorsichtiges Lächeln ins Gesicht und kommt vielleicht ins Gespräch.

Dann geht es abwärts. Von 542m auf 0. Eine wunderschöne Abfahrt von 50 Kilometer, vorbei an Rentierzäunen, vertrockneten und bizarren Birken, rauschende Wasserfälle. Vor uns zeichnet sich schon recht bald das herrliche Bergpanorama der Lyngenalpen mit seinem glasklaren Fjord ab. Eine völlig andere Landschaft. Viele Rastplätze laden zum Verweilen ein, immer piekfeinssauber mit Toilette (kostenlos!).

Wir erleben Norwegen von seiner Schokoladenseite, wolkenloser Himmel und sommerliche Temperaturen. Obwohl sehr viele Wohnmobilisten unterwegs sind, ist der Campingplatz menschenleer.

Tag 37 (60 Kilometer)

Løkvollen – Svensby

Die letzten Etappe nach Tromsø könnte man in einem Tag schaffen. Wir entscheiden uns für‘s Genussradeln durch die Lyngenalpen und werden mit herrlichen Aussichten und Sonnenschein belohnt. Gute Wetterbedingungen sind in dieser Gegend absolut nicht selbstverständlich.

In Norwegen gibt es viele, lange Straßentunnel. Hier umfahren wir zwei Tunnel auf der alten E6

Tag 38 (51 Kilometer)

Svensby – Tromsø

Letzte Etappe. Sie fühlt sich unwirklich an. Auf der einen Seite sind wir froh, dass wir unser Vorhaben gut geschafft haben. Ohne Verletzungen, ohne größere Pannen und ohne Unfälle; auf der anderen Seite wird uns etwas fehlen. Die täglichen Erlebnisse auf dem Rad und auch die Spannung etwas Neues zu erleben.

Ausblick von unsere Unterkunft in Svensby

Tromsø – die bunte und jugendliche Stadt mit der nördlichsten Universität der Welt. Uns empfängt die Eismeerkathedrale, das Wahrzeichen der Stadt.

Hier ist etwas los. Restaurants, Kneipen, Cafés. Die Dichte der E-Autos ist, wie in ganz Skandinavien bemerkenswert. Soll uns noch einer sagen, E-Autos wären nichts für solch schlechte klimatische Bedingungen. Hier dauert der Winter 5 Monate!

Wir verbringen die Zeit mit Stadtbummel, Schiffe gucken und aufwendiger Verpackung unseres Fahrrades.

Eismeerkathedrale

Fazit

Unsere Reiseerinnerungen sind noch nicht ganz sortiert. Was war am Schönsten? Keine Ahnung. Es waren eher die kleinen Momente, die uns in Erinnerung bleiben. Begegnungen mit Menschen, die uns wie so häufig wegen des Fahrrades angesprochen haben. Aber auch die Erfahrung, dass unsere Grundkenntnisse der schwedischen Sprache ein guter Türöffner sind, um ins Gespräch zu kommen.

Die langen Straßen des Nordens waren für uns genauso interessant, wie die schönen Sommercafés im Süden. Skandinavischer Wald wird für uns nie langweilig, auch wenn sich dieses Mal die Elche versteckt hielten.

Das durchweg warme Sommerwetter hat sicherlich zum Reisegenuss beigetragen. Die Nordlichter konnten es zusätzlich toppen.

Es ist nicht selbstverständlich 3250 Kilometer ohne Panne, ohne Sturz und ohne Blessuren zur radeln. Dank gebührt auch den rücksichtsvollen Auto- und LKW-Fahrern.

Wir beschreiben in unserem Reisebericht naturgemäß eher die schönen Seiten des Landes, darum sind wir auch hierher gekommen. Leider ist die Wirklichkeit differenzierter zu betrachten, vielleicht stimmt unser Bild auch nicht ganz. Ein interessanter Artikel dazu war dazu am 14.08.2024 in der Süddeutschen Zeitung zu lesen „Bullerbü war gestern“

Möge der Leser sich selbst ein Bild machen.

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